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Deutschland-Niederlande: Keime kennen keine Grenzen - Was wir von den Systemunterschieden im Gesundheitswesen lernen können

Träger des Robert-Koch-Preises zu Besuch im Krankenhaus Rheiderland

Prof. Friedrich erläutert die Unterschiede beider Gesundheitssysteme und wie wir uns gegenseitig unterstützen können.

Im Rahmen des „Forum Gesundheit“ hielt Prof. Alexander W. Friedrich, Träger des Robert-Koch-Preises für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention und Leiter der Abteilung für Medizinische Mikrobiologie und Infektionsprävention am Universitätsklinikum Groningen, am Montag in Weener einen Vortrag über die gesundheitsbezogenen Systemunterschiede in Deutschland und den Niederlanden. Der in Deutschland geborene und aufgewachsene Mediziner kennt beide Gesundheitssysteme und weiß beide zu schätzen. „In den Niederlanden haben wir lange Wartezeiten für Behandlungen.“ Es gilt das Primärarztsystem, d.h. die ambulante ärztliche Versorgung liegt weitgehend bei den Allgemeinmedizinern, der bei einer notwendigen stationären Versorgung dann als Lotse fungiert. Möchte man zu einem Facharzt, muss man für die Behandlung ins Krankenhaus, denn diese arbeiten ausschließlich dort. Das bedeutet, die Krankenhäuser behandeln im Schnitt deutlich weniger Patienten als deutsche Häuser. Dies wiederrum führt zu weniger Infektionen. Friedrich ist sich sicher: „Solange wir nicht international zusammenarbeiten, werden sich Infektionen immer weiter ausbreiten. Profitieren und lernen wir doch von beiden Systemen. Für unsere Patienten bedeutet das: kürzere Wartezeiten, kürzere Anfahrtszeiten, erhöhte Qualität der Versorgung. Und die Krankenhäuser profitieren natürlich auch, sie können zum Beispiel ihre teuer angeschafften Apparate viel häufiger nutzen. Nutzen wir doch den 360 Grad-Blickwinkel, den wir haben, und starren nicht nur in der 180 Grad-Perspektive auf das eigene Land.“

Das Klinikum Leer und das Krankenhaus Rheiderland machen dies mit dem Universitätsklinikum Groningen (UMCG) bereits seit 2013: Regelmäßig sind hier niederländische Hygienespezialisten vor Ort, um zu beraten und zu unterstützen. Anfang Mai 2018 wurde nach über 25 Jahren wieder ein mikrobiologisches Labor am Klinikum Leer eingerichtet, welches die Einleitung einer schnellen und gezielten Therapie bei schweren Infektionen sowie rascher und gezielter Hygienemaßnahmen ermöglicht. Die eigene Mikrobiologie dient dazu, Krankheitserreger zu erkennen und zu bestimmen, die ursächlich für Infektionskrankheiten verantwortlich sind. Mithilfe von Färbe-Methoden kann frühzeitig eine gezielte antibiotische Therapie in die Wege geleitet werden. Die Vorteile für den Patienten hierbei sind, dass in kurzer Zeit die notwendige und korrekte antibiotische Therapie mit einem gezielt wirksamen Antibiotikum ein- oder fortgesetzt werden kann. Hintergrund ist, dass die weltweit immer noch zu häufig angewendeten sog. „Breitbandreserveantibiotika“ vermehrt zu schwerwiegenden Resistenzen führen können. Das Labor am Klinikum Leer wird in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Universität Groningen (UMCG) unter Leitung von Prof. Dr. Alex Friedrich durch seinen Mitarbeiter Dr. Berry Overbeek betrieben.