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Darmkrebsvorsorge

Einsatz von künstlicher Intelligenz im Klinikum Leer

Dr. med. Jörn-Carsten Studt M. Sc., Chefarzt der Klinik für Innere Medizin/Gastroenterologie, während einer Darmspiegelung.

Markierung von Polypen während einer Darmspiegelung durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz.

Am heutigen Darmtag interviewen wir unseren Chefarzt der Klinik für Innere Medizin/Gastroenterologie, Dr. med. Jörn-Carsten Studt M. Sc., zum wichtigen Thema Darmkrebsvorsorge. Seit diesem Jahr wird im Klinikum Leer bei der Koloskopie, neben dem geschulten Auge des erfahrenen Untersuchers, ein künstliches Intelligenzsystem zur automatischen Erkennung von Polypen eingesetzt, um somit die Detektionsrate deutlich zu verbessern.

Warum sollte eine Darmkrebsvorsorge überhaupt durchgeführt werden?

Pro Jahr sterben ca. 20.000 Menschen an Darmkrebs, das sind deutlich mehr Menschen als jährlich durch Verkehrsunfälle sterben. In über 90 % der Fälle entwickelt sich Darmkrebs aus harmlosen Vorstufen über einen Zeitraum von 10-15 Jahren. Diese harmlosen Vorstufen können wir frühzeitig erkennen und direkt durch schonende Eingriffe endoskopisch entfernen. Seit dem die Darmkrebsvorsorge eingeführt wurde, sehen wir in den Statistiken des Krebsregisters eine deutliche Rückläufigkeit der Sterbe- und Erkrankungszahlen an Darmkrebs.

Wie funktioniert eine Koloskopie? Wie wird die künstliche Intelligenz hierbei eingesetzt?

Bei einer Koloskopie erfolgt eine schonende Untersuchung des Dickdarms mithilfe eines steuerbaren Schlauchs, an dem sich vorne eine Kamera befindet. Wichtig ist dabei, dass möglichst viele, auch kleine Polypen während der Darmspiegelung entdeckt werden. Einige Polypen sind so klein, dass sie mit dem menschlichen Auge kaum zu erkennen sind. Viele davon sind harmlos, manche aber auch nicht. Seit kurzer Zeit besteht im Klinikum Leer die Möglichkeit, durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz, die Nachweisrate von Polypen während einer Vorsorgekoloskopie zu erhöhen. Dabei wird zwischen dem Endoskop-Prozessor und dem Betrachtungsmonitor ein Zusatzgerät geschaltet, das in Echtzeit jedes Einzelbild der Darmspiegelung verarbeitet und mit etwa 15 Millionen Bildern in einer hinterlegten Datenbank vergleicht. Sobald vom System ein Polyp erkannt wird, wird dieser durch ein Kästchen markiert, gleichzeitig erhält der Untersucher ein akustisches Signal, dass eine Auffälligkeit gefunden wurde. Werden Polypen erkannt, können diese direkt mit einer Schlinge oder einem Messer schonend entfernt werden. Die Koloskopie wird in einer Kurznarkose durchgeführt, die Patienten schlafen also während der Untersuchung.

Wer muss untersucht werden?

In Deutschland haben Männer ab dem 50. und Frauen ab dem 55. Lebensjahr in den gesetzlichen Krankenversicherungen Anspruch auf eine Koloskopie. Diese Altersgrenze ergibt sich letztlich aus der Erfahrung, dass ab diesem Lebensjahr das Risiko Polypen zu entwickeln exponentiell ansteigt. Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, einer familiären Vorbelastung oder einer vererbten Genmutation sollte die erste Darmspiegelung deutlich früher erfolgen.

Wie oft muss eine Koloskopie durchgeführt werden?

Bei unauffälligem Erstbefund sollte eine Koloskopie alle zehn Jahre durchgeführt werden. Wurden in einer Koloskopie Polypen gefunden, bestimmt der behandelnde Gastroenterologe das weitere Intervall, da bei diesen Patienten das Risiko für erneute Polypen und auch das Risiko für Rest- oder Rezidiv Polypen erhöht ist. In diesem Bereich können die Intervalle von einem bis zu fünf Jahren variieren. Ebenso können Risikogruppen individuell häufiger kontrolliert werden.